Abruptly <3

Meine schwarzen Flügel zuckten, Federn wirbelten durch die Gegend. In meiner Hand ein einfacher Dolch, beides war mit meinem Blut verschmiert. Auch das Blut, welches ich auf meinen Lippen schmeckte, stammte von mir.
Meine Beine wurden schwerer. Das leise Lachen meines Gegenübers ließ mich zusammenzucken. Ich hab' wohl übertrieben...

Aus dem Hinterhalt, in Schatten gehüllt, schlich ich mich langsam nach vorne. Bei jedem Tropfen Blut, der zu Boden fiel, zuckte ich innerlich leicht zusammen. Meine Hände hielten die Doppelsense in meiner Hand immer stärker. Nur noch ein paar Sekunden....nur noch ein paar....dann konnte ich angreifen.
Meine rot-schwarzen, drachenähnlichen Flügel zuckten leicht. Dann ging ich in absprungbereitschaft, um den Gegner anzufallen. Jetzt blos nichts falsch machen...

Das menschliche Wesen vor uns sackte zu Boden. Blut tropfte zu Boden, hinterließ Kreise, die sich in der Larche immer weiter ausbreiteten. Es stöhnte vor Schmerz, während mein Dolch förmlich danach schrie, erneut in seinem Arm zu versenkt werden. Doch auch ich war außer Atem. Da von unserem Gegner keine Gefahr mehr auszugehen schien, fiel auch ich auf meine Knie, stützte mich mit meinen Armen. Nach Luft ringend wartete ich.

Mit gefühlslosen Augen blickte ich auf die Leiche meines gegenübers. Von der Sense tropte langsam Blut.
Mein Blick schweifte zu Holly, die ausser Atem schien. "Alles okay?", fragte ich sie.
Sie war die einzige, der ich nichts tat. Fast alle anderen waren bei meinem Anblick zum Tode verurteilt. Und bei Holly war es nicht anders, dies wusste ich ganz genau.

Ohne aufzublicken nickte ich. "Schon ok", erwiderte ich. Meine Flügel verschwanden langsam wieder in meinem Rücken. So schnell und unaufällig, dass aussenstehende meist dachten, sie hätten sie sich nur eingebildet.
Der Gegner war hartnäckig. Selbst, als er nur noch wenige Minuten zu leben hatte, und aufgrund des großen Blutverlustes wohl oder übel verbluten würde, lachte er weiter. Und erst jetzt, nach dem Kampf, fühlte ich mich auf eine seltsame Art mies. Und wenn ich darüber nachdachte, wieso wir ihn getötet hatten, wusste ich es nicht.
Ich rappelte mich auf, warf meinen Dolch zu Boden. Es wurde Zeit für eine andere Waffe. Und in der nächsten Stadt würde man es nur verdächtig finden, einen blutverschmierten Dolch vorzufinden. Mit dem Fuß schob ich ein paar vertrocknete Herbstblätter darauf, blickte dann zu Nani. Mein Atem hatte sich beruhigt und ich räusperte mich einmal kurz. "Gehen wir weiter?" Meine Stimme klang ungewollt monoton.

Zur Antwort nickte ich nur.
Ich lies meine Drachenflügel und meine Sense verschwinden. Wie genau dies funktionierte, wusste ich selber nicht.
Langsam begann ich loszulaufen, blieb aber neben Holly stehen. "Ich weis, wir hatten keinen Grund...", murmelte ich und lief weiter.

Meine Hand schnellte in die Höhe und winkte ab. "Lass gut sein...", murmelte ich dazu, hatte wieder etwas Selbstvertrauen in der Stimme. "Ändern können wir's sowieso nichtmehr." Ich zwang mir ein gequältes Lächeln auf. Vor uns taten sich die ersten Steine auf, die einen gepflasterten Weg vorhersagten. Dieser wiederrum zeigte, dass wir bald in eien Stadt kommen dürften.

"Wir sollten irgendwo zu einem bach gehen. Wenn man blutbeschmiert in die Stadt kommt, kommt das nie gut an.", bermerkte ich und blickte zu Holly. An ihrer Wange waren Blutspuren abgebildet.

"Hast auch wieder Recht." Mit diesem Worten sah ich an mir herab. Alles voller Blut, das langsam begann, sich im Stoff meiner Kleidung und meiner Haut festzusetzen. Wie ich es hasse, wenn es trocknet!
Bilder toter Menschen geisterten durch meinen Kopf. Sah ich sie, wollte ich sie töten. Doch danach begann mein Gewissen an mir zu nagen. Ich seufzte.

"Dort hinten.", sagte ich monoton und zeigte auf einen kleinen Bach, der sich zwischen Kiefernbäume durchschlängelte.
Ich leckte mir aber die Lippen um das trockene Blut abzukriegen.

Ich warf meinen Kopf zur Seite und sah den Bach an. Er glitzerte in der Sonne, ein paar Blätter fielen sanft hinunter, verursachten sich ausbreitende Kreise im Wasser, die immer weiter verliefen, bis sie nichtmehr zu sehen waren. Konnten... nein - Durften wir solch ein Wunder der Natur mit unserem Blut beschmutzen?
Langsam näherte ich mich dem engen Gewässen, versuchte den Gedanken abzuschütteln. Es war, wie es sein sollte.

Ich kniete mich vor dem Wasser nieder. Geblendet von der im Wasser relfektierenden Sonne kniff ich die Augen leicht zu. Mit meinem Zeigefinger tauchte ich in das Wasser und malte mehrere Kreise. Wasser war irgendwie so....widerstandslos. Man konnte mit ihm machen was man wollte, es würde alles mitmachen.

Am Ufer ließ ich mich einfach auf die Knie fallen. Mehrere Male sammelte ich das Wasser in meinen Händen, warf das kühle Nass in mein Gesicht. Es nahm ein paar der getrockneten Blutpartikel mit, verfärbte sich leicht rot und tropfte mri anschließend vom Kinn.

Ich tat das gleiche wie Holly. Das Wasser war eiskalt, aber trotzdem noch angenehm. Als ich in den Bach blickte, war ein Teil des Wassers rot gefärbt. Armer Bach... Wir haben ihn beschmutzt..., dachte ich. Wir waren ziemlich mit der Natur verbunden. Aber Menschen zählten für uns nicht wirklich dazu.

Leise Schritte waren zu vernehmen. Das laute Schreien mehrerer, vermutlichmännlicher, Dorfbewohner waren zu hören . Die Hufe der Pferde donnerten über den Waldboden, wurden von lautem Wiehern beglitten.
Mein Kopf schnellte in die Höhe.

Schnell schreckte ich aus meinen Gedanken hoch und stand auf. Mein Blick schweifte zur Strasse, worauf ein paar Menschen angerannt kamen. Was ist da los?, fragte ich mich. Sofort sah ich zu Holly, und sie schien auch zu bemerken, dass etwas nicht stimmte.

Ich sah zu Nani. "Was ist jetzt los?"murmelte ich leise, wusch das letzte Blut von meinen Handrücken. Ob wir uns nicht lieber vestecen sollten? Hilflos sah ich mich um. Was würde passieren?
Die ersten Pferde stürmten an uns vorbei.

Ich schluckte kurz und benahm mich ganz friedlich, als ob ich eine einfache Dorfbewohnerin war. Das Blut war bereits vollkommen fortgespühlt, weshalb ich mir darum keine Sorgen mehr machen musste.
Trotzdem warfen uns ein paar Menschen seltsame Blicke zu. Ob sie bemerkten, dass wir anders waren?

Ein wenig Angst machte sich in mir breit. Wieder stürmte eine Truppe von Menschen vorbei. Als sie verschwunden waren, stand ein Mann auf der anderen Seite des Weges. Er musterte uns gründlich, trat einen Schritt hervor. Nervös sah ich zu Nani.

"Ihr scheint nicht aufgeregt zu sein. Warum?", fragte uns der Mann. Seine Stimme war tief und eher angsteinflössend.
"Wir wissen gar nicht, was los ist. Wir sind gerade eben angekommen.", antwortete ich standhaft.
"Ihr kamt von dieser Seite, oder?", meine der Mann und zeigte in die Richtung, von der wir gekommen waren. Ich schluckte leise. Was wollte dieser Mann?

Zögernd nickte ich. Der Blick des Mannes senkte sich, wurde düster. Unauffällig trat ich einen Schritt zurück.
"Warum?", fragte ich. Dabei versagte meine Stimme. Stille war eingekehrt. Nur ein leiser Wind trug wenige Blätter mit sich, welche ein Geräusch verursachten.

"Dort hinten wurde ein Mord begangen. Und ihr kommt gerade von dieser Richtung...", murmelte der Mann und blickte uns mit stechenden Blick an. Ich schluckte kurz, rappelte mich dann aber innerlich hoch und versuchte unschuldigkeit auszustrahlen.

"Ein Mord?" Die gespielte Ungläubigkeit, die in meiner Stimme mitschwung, ließ zu wünschen übrig. Uns können sie nicht meinen... Das wäre viel zu schnell. Niemand hat uns gesehen. Oder etwa doch? Der Mann kam näher. Augenblicklich sah ich auf zu ihm. "Keine Sorge, wir haben nichts mit einem Mord am Hut!", antwortete ich schnell, verhaspelte mich während der Worte und versuchte das mit einem ehrlichen Lächeln zu überspielen. Doch der alte Mann kam immernoch nur schweigend näher. Hier können wir ihn nicht töten. Und wenn wir fliehen, machen wir uns nur noch verdächtiger. Aber... wenn er uns fängt, wohin bringt er uns dann? "Sehen wir Ihrer Meinung nach etwa wie Mörder aus?"
Es war keine Seltenheit, dass selbst Verdächtige, denen man keinerlei Schuld beweisen konnte, der Todesstrafe ausgesetzt wurden. In meinen Augen war dabei nicht der Tod selbst das schlimme, sondern eher die Demütigung vor der riesigen Menschenmenge. Ohne Stolz sterben? Hatte ich vor, mein Leben so zu beenden?
"Wisst ihr...", begann der Mann zu wispern, während die Äste unter seinen bleiernen Schritten knacksten. "...ich habe sie beobachtet... die Mörder...", sein gequälter Gesichtsausdruck und die aufgerissenen Augen brannten auf meiner Haut. "Ich habe sie gesehen!", schrie er, sodass die Vögel im Wald sich ihrer Plätze hoch oben in den Baumkronen erhoben und mit lautem Gekreische davonflogen. "Und sie haben meinen Sohn... meinen einzigen Sohn... getötet!"
Er öffnete seine Faust, zeigte uns etwa fünf bis zehn schwarze Federn in seiner Hand. Dann grinste er, lachte fast schon wie ein Psychopath. Ich trat zurück, trat ins Leere. Mein Instinkt ließ mich meine Flügel ausfahren, um die 40 Meter tiefe Klippe, die in der Realität nur ein Bach, der keine 20 Zentimeter tief war, darstellte, nicht hinabzufallen. Sofort schlug ich mir selbst ins Gesicht. Verdammt...
"Ergreift sie!"

Ich überlegte nicht lange. Dies würde der Tod bedeuten. Schnell fuhr ich meine roten Drachenflügel aus, um mich abflugbereit zu machen.
"Genau diese Flügel! Genau sie! Sie waren es! Sie haben meinen Sohn gekillt!", schrie der Mann mit weit geöffneten Augen und einem lachenden Unterton.
Mit einem kurzen Blick zu Holly versicherte ich mich, dass wir ganz schnell fortfliegen mussten. Und falls wir es nicht schafften, musstne wir wohl oder übel alle umbringen. Aber das währe nicht das erste Mal gewesen.

Hätte ich doch nur eine Waffe... Meine Flügel zuckten, verloren weitere Federn. "Wenn das so weitergeht, hinterlass ich 'ne Spur...", murmelte ich unsicher. Dann stürmten Pferde heran, schrilles Wiehern ließ meine Ohren schmerzen. "Jetzt ist's vorbei..." Ich deutete mit meinem Kinn über die Schulter und flog los. Meine schwarzen Flügel schlugen, doch als der erste Schuss fiel, ließen sie sich nicht mehr bewegen.